Garnelenfutter, Zusätze & Co.

Am 23.September 2013 startete ich folgenden Aufrul:

“ICH BRAUCHE DICH! JAA, GENAU DICH!!
Was ist überhaupt Polytase und Co? Brauchen Garnelen spezielle Vitamine? Kann man eigentlich Flockenfutter verfüttern?
Öfter mal was neues, dachte ich mir und biete euch hiermit an, an einem meiner nächsten Interviews zum Thema GARNELENFUTTER/NAHRUNGSZUSÄTZE mitzumachen!
So funktioniert´s:
Postet eure Fragen als Kommentar unter diesen Beitrag und ich flechte diese in ein interessantes Interview ein, welches ich mit einem fachkundigen Menschen zu diesem Thema führen werde.”

Aus allen Zusendungen stellte ich ein Interview zusammen, welches ich euch hiermit vorstellen darf. Viel Spaß.

Andrea:

Mich würde das Thema Dosierung, bzw Überdosierung interessieren. Bei Sticks sehe ich, wenn was übrig bleibt. Bei Zusätzen und/oder Staubfutter leider nicht. Gibt es da Tipps oder Tricks?

Bernhard Ehmer:

Das kommt sehr auf die Zusammensetzung des Staubfutters an, vor allem leicht lösliche Zuckerstoffe wie Dextrose und Maltodextrin können unter Umständen zu einer kritischen Sauerstoffzehrung und einer hohen Keimdichte in der Wassersäule führen. Es gibt Produkte, welche auf Malzbasis (aktiver Malz enthält eine Reihe von Enzymen) beruhen, das Problem: im Malz sind leider auch eine Reihe von löslichen Zuckerstoffen wie etwa Maltose oder Glucose enthalten, welche wie erwähnt zu einer Bakterienblüte führen können. Tricks gibt es hier leider keine von meiner Seite, man sollte aber immer auf eine ausreichende Belüftung achten, damit es besonders bei üppig bepflanzten Becken über Nacht nicht zu einem Sauerstoffmangel kommen kann. Es gibt aber auch Produkte welche frei von wasserlöslichen Zuckerstoffen sind.


Andrea:

Brauchen Hochzucht-Garnelen anderes Futter als zb. Red Fire?

Bernhard Ehmer:

Nein, beide besitzen einen fast identischen Metabolismus (legendlich die Biotransformation der Davidi unterscheidet sich von den Bienengarnelen), haben also die gleichen Ansprüche und Anforderungen auf eine artgerechte Ernährung.

Andrea:

Gibt es was das bei Häutungsproblemen hilft?

Bernhard Ehmer:

  • Ja,
  • optimale osmotische Druckverhältnisse (Salty Shrimp, Shirakura GH+)
  • Osmose-, oder VE-Wasser
  • Häufige Wasserwechsel
  • Großzügige Wasserwechsel (80%)
  • Großzügige Filterung (schadstofffreies Wasser)
  • Proteinreiches, – und energiereiches Futter (der Häutungsprozess benötigt sehr viel Energie, ohne fehlt die Power für diesen Kraftakt)

Andrea:

Benötigt man Spezielles Futter für die einzelnen Farben? Weiß, Rot, Schwarz?

Bernhard Ehmer:

Nein, unsere Garnelen können aus dem Ausgangs-Carotinoid Beta-Carotin den „roten Farbstoff“ Astaxanthin synthetisieren, ein Carotinoid aus der Xanthophyll-Klasse (ausschließlich Pflanzen können diese Stoffe bilden). Verschiedene Proteine werden mit dem Astaxanthin verkoppelt, zu einem sogenannten Biopolymer verbaut, dem Crustacyanin.

Die einzelnen Farben werden durch eine Mischung der Grundfarben und durch Lichtbrechung erzeugt (Substraktive Farbemischung).

Subtraktive_Farbmischung_fe

Tote Garnelen „färben“ häufig rot, hier wird durch die Autolyse (Selbstzerfall) das Biopolymer aufgelöst, welches ehemals von den Proteinen stabilisiert wurde.

Das rote Astaxanthin kommt zum Vorschein, derselbe Effekt findet beim Kochen von Krustentieren statt, auch diese färben sich durch den Zerfall der Farbstrukturen rot.

Marcel:

Reicht normales Naturfutter wie zb Walnusslaub für eine gesunde erfolgreiche Zucht? Oder ist es bei Hochzuchtgarnelen notwendig Genchem Polytase und Co zu verwenden?

Bernhard Ehmer:

Nur wenn das Laub durch Mikroorganismen enzymatisch aufgespalten wurde (exoenzymatische Fermentation). Nur dann sind alle Nährstoffe für die Garnelenlarven verfügbar, zusammen mit dem wertvollen Aufwuchs, welcher sich auf gammelnden Blättern bildet.

Rohware, besonders wenn das Futter nur mittels Koller-Pelletierung bearbeitet wurde, ist für Garnelenlarven ungeeignet, da durch diesen Produktionsprozess so gut wie kein Nährstoffaufschluss stattfindet, hier ist immer ein Vollextrudat die beste Wahl, auch enzymatisch-aufgeschlossenes Futter bietet eine sehr gute Nährstoffverfügbarkeit, und beugt einen möglichen Nährstoffmangel bei Garnelenlarven vor. Die erste Woche ist sehr kritisch, hier ist eine optimale Nährstoffversorgung zwingend.

Laub ist durch den hohen Anteil an Gerüststoffen wie Lignin und Cellulose nur sehr schwer verdaulich, gerade Walnusslaub, welches einen nicht zu verachteten Anteil an Juglon aufweist, ist die schlechteste Wahl für empfindliche Shrimpslarven, dann eher gemahlene Brennnesseltriebe.

Tipp: Fein gemahlenes Fenchelkraut

Mad:

Wie schauts mit Aufzuchtfutter speziell für Amanos oder auch Neritina Arten aus?

Bernhard Ehmer:

Hier sollte das Futter eine sehr lange Wasserstandzeit aufweisen, also möglichst lange in der Wassersäule schweben. Ich finde es noch wichtiger, was die Amano-Mädels vor der Eiablage fressen, hier ist auf eine ausreichende Versorgung mit lebenswichtigen Fettsäuren zu achten, diese entscheidet gravierend über die Eiqualität und die Konstitution der Larven!

Das Futter sollte einen Rohfettanteil von mindestens 18% aufweisen, natürlich sind die essentiellen Aminosäuren ebenso Pflicht, wie Nukleinsäuren und Vitamine.

Dieses Futter kann dann auch für die Larven verwendet werden, nachdem es mikronisiert wurde.

Für Schnecken: Glasbowle mit Wasser ans Fenster, kräftig NKP-Dünger und flache Steine rein, und warten…Es bildet sich ein leckerer Biofilm aus Vitalstoffreichen Kleinstlebewesen und Aufwuchs.

Yvonne:

Nanozyme und Co- wieviel % WW sollte man machen wöchentlich bei der Verwendung dieser Produkte nach Dosieranleitung?

Bernhard Ehmer:

Viel Wasserwechsel hilft viel, egal mit oder ohne Nanozyme 80%, die Vermehrungsrate spricht für sich.

Alex:

Wer ist denn der Fachkundige und warum hat er eine besondere Expertise in diesem Bereich?

Bernhard Ehmer:

Er entwickelt und produziert für einige namhafte Heimtierkonzerne Futtermittel und Co. Als Kind hat er alle Folgen von „Die Sendung mit der Maus“ verfolgt, und weiß gut Bescheid.

Alex:

Mich würde interessieren inwieweit es in der Hobby bzw Ziergarnelenzucht vertretbar ist Produkte mit Inhaltsstoffen aus der Nahrungsmittel-Zucht zu verwenden und ob das noch etwas mit Tierliebe oder eher mit Profitgier zu tun hat.


Bernhard Ehmer:

Ich kann dazu nicht viel sagen, außer, dass ich speziell abgestimmte Produkte für die Garnelenhaltung entwickelt habe, welche funktionieren. Man muss sich einfach Zeit nehmen, und sich über die Produkte so gut wie möglich zu informieren, und dann seine Wahl treffen.

Alex:

Nahrungsmittel-Garnelen werden innerhalb von 6-8 Monaten “schlachtreif” gezogen, eventuelle Nebenwirkungen sind also dort nie zum tragen gekommen, da der Zeitraum zu kurz ist. Sind also Nebenwirkungen möglich / denkbar / zu erwarten.

Bernhard Ehmer:

Es kommt auf die Inhaltsstoffe, bzw. Zusatzstoffe an, einige Deklarationen von den Asia-Powdern sind an den Haaren herbei gezogen, niemand kann wirklich sagen was in der Packung ist.

Die meisten Futtermittel aus China sind Grauimporte, da keine Futtermittel aus China eingeführt werden dürfen, ohne eine Sondergenehmigung.

Das war´s – ich hoffe der Artikel konnte etwas Licht ins Dunkel bringen. Vielen Dank an Bernhard Ehmer, der sich die Zeit genommen hat um alle Fragen gewissenhaft zu beantworten.

Keep on keeping & breeding,

Tobi

blauer elefant

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